Unser Roadtrip ging von Sydney aus noch ca. einen halben Tag in Richtung Süden, mit der Ernüchterung, das die Surfspots dort zwar “nett” sind, aber bei weitem kein Potenzial wie eine Welle z.B. in Crescent Head, Noosa oder Byron Bay haben.
Also what to do? We wanna surf !!!!
Weiter Richtung Melbourne? Eine weitere Großstadt besuchen, die hundert Jahre alt ist und dort das Mitteleuropäische Klima genießen, wie uns die Australier vorschlugen?! Eine total irre Idee, wenn Du aus Europa kommst: endlich mal dieses Klima zu genießen … NOT !!! Nur das Hofbräuhaus hätte mich gereizt, um ein gutes Bier zu trinken und Volksmusik zu hören.
Ins Outback fahren wäre bei dortigen Temperaturen um die 45 Grad auch Selbstmord.
Ich will dorthin, wo ich mich wohlfühle und loslassen kann, denn darum geht es uns ja schließlich. Aber ich vermute, man muss in dieser Situation nicht lange überlegen. Entschluss gefasst, zurück nach Byron Bay. Wer mal dort war und den “Pass” oder “Wategos” (Surfspots vor Ort) hat laufen sehen oder gar gesurft hat, der wird uns verstehen.
Diese Welle hat mich schon mit Krämpfen in den Oberschenkeln gestreichelt, da man auf dieser 500m langen rechten Welle gefühlte 100.000 Turns fahren kann. Und danach sitzt Du laut lachend und juchzend im Wasser und denkst Du träumst. Der Wecker klingelt dann jedoch wieder sehr laut, wenn Dir bewusst wird den ganzen Weg wieder zurück zu paddeln. No worries (scheiß egal) !
Ich will wieder dieses kristallklare, 28 Grad warme Wasser haben und surfen.
Ihr werdet jetzt denken, warum fahren die nicht weiter die Küste entlang? Da gibt es doch noch sooooo viel zu sehen.
Ja ? Was denn genau? Nationalparks, Headlands und volle Strände? Aber warte mal, das hatte ich doch gerade ?
Wer hier war, und es mal versucht nicht aus der Touristenbrille zu sehen, wird es verstehen! Und die Meinung vieler Bekannter, die länger an der Küste Australiens verbracht haben (oder sogar hier wohnen) bestätigten dies auch. Und ich glaube kaum an der Great Ocean Road noch auf leere Lineups zu stoßen. Die 70´s Surfer Idylle, die vielen hier im Kopf rumschwirrt ist ein von den Medien aufgesetzter Traum meiner Meinung nach. Oder vielleicht sollte ich mit dem Kiffen anfangen, Batic Shirts tragen und auf der Straße tanzen. Eventuell wird es dann ja mehr laid back oder no worries? Was im übrigen mit dem Verhalten verglichen weniger eine Easy-going-Lebensauffassung darstellt, sondern eher ein “Alter… das ist mir doch scheiß egal”!
Also fuhren wir mit unserer “Campercan” und einem sagenhaften Topspeed von 90 Km/h in Richtung Byron Bay. Bergauf auf dem Motorway sogar stellenweise mit 20-30 Km/h, bei 400db im Innenraum und einer Temperatur nahe der Erdschmelze. Ich habe nur auf den Moment gewartet bis ein riesiger LKW einfach durch mich hindurch ballert wie durch eine Seifenblase, der Trucker seinen Scheibenwischer betätigt und sich wundert was das für ein Geräusch war. No worries …
Also Zähne zusammen beißen und durch da (das ist nicht Sinnbildlich gemeint)!
Wir benötigten ganze 3 Tage um die 1200 Km/h auf dem Highway abzuspulen. Wer mal nach Australien reist und schnell irgendwo hin möchte sollte Zeit einplanen. Eine Autobahn (Speedlimit 110km/h) ist voll in Ordnung, jedoch sind dies immer nur kurze Teilstücke. Dies geht auch aus keiner Straßenkarte hervor. Jedenfalls muss man ständig wieder durch Ortschaften fahren, Kreisverkehre oder durch verkehrsberuhigte Zonen. Du kommst einfach nicht voran. 1200km/h fahre ich an einem Tag wenn ich durch Europa will, nicht hier. Aber wir haben ja Zeit
Ich sage Euch eins, ein Roadtrip hat viel Positives, aber bringt auch seine negative Seiten deutlich zur Geltung.
Könnt Ihr Euch daran erinnern morgens mal ins Auto zu steigen und einfach darauf loszufahren? So etwas “wie guck mal da vorne Links! Lass uns da doch einfach mal langfahren und gucken was es zu entdecken gibt”! Freiheit pur, “the gift of time”
Die Kehrseite ist, dass man immer auf der “search” nach Wellen ist und irgendwie nicht wirklich zur Ruhe kommt. Jeden Tag ein neuer Surfspot. Jeden Tag neue Gefahren im Wasser von Rips, Rocks, Reef, Shallow Water, Shorebreaks, Jelly fishes, Baitfish, Stingrays, Locals (die schlimmsten Wesen von allen) und natürlich den großen Predatoren im Wasser. Aber hierzu (leider) später noch mehr.
Zurück in Byron übernachteten wir bei Freunden in Ocean Shores. Das liegt 20min. nördlich von Byron und ist ein wenig zu unserem 2ten zu Hause geworden. Wir verbrachten hier viel Zeit: feierten eine Hochzeit die nicht stattfand, Weihnachten, Silvester, diverse Vollmondpartys oder einfach mal nur schwimmen gehen oder BBQ`s mit viel Wein. Einfach eine super Zeit mit Freunden!
Da unsere Campercan mit drei Longboards zu klein und Nachts bei 25 Grad nicht lebenstauglich ist, haben wir uns für den Rest der Zeit Airbnb Unterkünfte gebucht. Die Fenster kann man Nachts nicht öffnen, weil es sonst reinregnet und und und… Du musst auf einen Campground gehen oder jeden Tag stundenlang nach einem Platz suchen zum Stehen. Ich mag nicht mit dem Gefühl einschlafen jederzeit weggejagt zu werden. Immer auf der Flucht zu sein, hat für mich auch nichts mit Freiheit zu tun und ist alles andere als Entspannung. Wild stehen ist nicht einfach in der Hauptsaison und es wird hier eine wahre Hetzjagd auf “Vanpacker” gemacht. Da zahle ich in der Hauptsaison doch gerne 80$ für 2 Personen auf einem Campingplatz, um sich dann mit 300 Personen 3 Latrinen zu teilen… ICH BIN EIN STAR HOLT MICH HIER RAUS !!! Mit den Airbnb´s zahlen wir im Schnitt 70$ die Nacht, haben manchmal sogar einen Pool dabei, Internet und eine eigene Dusche/WC (eigentlich unbezahlbar) und eine richtige Küche. Luxus pur oder?
Wir merken auch schnell, dass wir so viel näher im Geschehen sind. Man ist schnell im Kontakt mit den Locals und taucht so automatisch tiefer ein in das Leben der Australier. Und Leute, hier erlebt man Sachen, die einen nur noch wie einen Wackeldackel, kopfschüttelnd durch die Straßen laufen lässt.
Mal ein paar Beispiele:
1.Nach jedem Einkauf sollte man seinen Bong gründlich checken. Ständig werden Dinge doppelt eingegeben oder Du bekommst zu wenig Geld zurück. Das ist mir noch nie so oft passiert wie hier, eigentlich nach jedem Einkauf.
2. Du bestellst etwas und bekommst etwas anderes. Oh sorry! No worries!
3. Oder ganz groß, Coffee bestellt und Platz genommen. Dann kommt die Bedienung und sagt, die Kaffeemaschine ist gerade kaputt gegangen und es gibt keinen Kaffee heute. ( Schade, aber da kann ja nun wirklich keiner was für.) Im selben Moment kommt eine andere Bedienung und bringt uns den bestellten Kaffee und entschuldigt sich, das es heute keinen Kaffee gibt da die Maschine kaputt ist. Wir bekommen das Geld zurück und trinken unseren Kaffee aus. Häh???? Wo ist die Kamera versteckt? No worries !
Wir sind jetzt seid Ende Dezember hier in Byron, genauer wohnen wir in Suffolk Park. 50m zum Strand von Tallows mit einer kleinen Terrasse, Außendusche und einem tollen Platz für die Hängematte. Daniela besucht regelmäßig die Pilates und Yoga Klassen im Community Center und ich genieße das nichts. Wer schonmal nichts gemacht hat, kann mich evtl. verstehen wenn ich sage, dass auch dies gar nicht einfach ist. Aber so stelle ich mir Meditieren vor, nur ohne Kehlkopfgesang und Schneidersitz.
Der Surf:
seitdem wir hier sind war jeden Tag Welle (seid 2 Monaten). Aber wenn man so viel Zeit ha,t wird man auch hier wählerisch. Vor allem, weil es sehr voll war. Im Januar ließen wir den einen oder anderen Surf aus und suchten uns was anderes zum spielen.
Zu unserer täglichen Routine gehört der Lighthouse Walk. Ein wunderschöner Trail, der im Jogging Tempo in 35-45min zu erledigen ist mit tausend Treppen und ich glaube 360 höhen Metern. HIT Training in der Natur. Dabei können wir eigentlich immer Delphine und/oder Schildkröten beim Surfen bewundern.
Oder wandern im Springbrook Nationalpark. Das war eines der schönsten Naturerlebnisse (bis jetzt). Durch den Regenwald wandern und an einsamen Wasserfällen baden gehen (nach ein wenig Überzeugungsarbeit von meinem neuen Brudi Olaf, danke nochmal Mate )
Hier ein kleiner Handy Shot.
Und so leben wir momentan einfach in den Tag und freuen uns so unendlich, dass wir Zeit haben.
Zeit, dass zu tun wonach uns ist und wenn es einfach mal gar nichts sein sollte…. The gift of time halt!
Die Zeit ist sonst unser ständiger Gegner im Alltag, hier haben wir es jedoch geschafft sie zu unserem Freund zu machen.
Cheers!
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