Wir hatten uns überlegt über Ostern der Küste für ein paar Tage den Rücken zu kehren und uns mal ins Landesinnere zu wagen. Aber wie weit wollen wir fahren? Immerhin könnten wir locker 2 Wochen in Richtung Westen fahren bis wir ans Ende kommen würden. Aber 4000km nur Kängurus und rote Erde?
Nee lass mal, aber eintauchen wollte ich schon einmal im Outback. Also ab an die Routenplanung!
Locals hatten uns den Tipp gegeben nach Tenterfield zu fahren und dort die Umgebung zu erkunden. Soll komplett anders sein dort sagte man uns, aber den Spruch kennen wir ja bereits. Daniela hat, glaube ich, schon in der Tasche angefangen zu googlen, um nicht im nächsten National Park zu enden. Denn ihre Begeisterung ins Outback zu fahren, hielt sich bis dato noch etwas in Grenzen.
Es hörte sich alles ganz nett an. Also fuhren wir von Byron Bay tief in das Hinterland immer weiter bis nach Tenterfield.
Die Region um Tenterfield liegt im sogenannten Granite Belt und ist bekannt für den Wein- und Obstanbau in NSW (New South Wales). Klimatisch etwas kühler gelegen mit 8oo n.n.. Man muss dazu sagen, dass hier bereits der Herbst voll im Gange ist. Unglaublich, denn wenn man mit dem Auto fährt, merkt man nicht unbedingt, das es draußen kühler ist. Wir sitzen im Toyota Hiace ja auch auf dem Moto, und der versorgt uns immer mit gemütlichen 30 Grad. Somit eigentlich das perfekte Winterauto für Deutschland.
Jedenfalls sahen wir Laubbäume in herbstlichen Farben vor uns. Kein riesiger Wald, aber sie waren da. Das Gefühl darauf war etwas eigenartig muss ich sagen. Nach 5 Monaten dauergrün und tropischer Hitze mit selten unter 27 Grad war es ein wenig wie durch Europa fahren im Herbst. Landschaftlich ist der Granite Belt durchzogen, wie schon der Name sagt, mit riesigen Granitstein Formationen. Beliebtestes Ausflugsziel ist der Boulder Rock NP, der zweit größte Monolith hinter dem Ayers Rock in Australien. Ein sehr großer Berg, der vom Regen der letzten Millionen Jahre glattgewaschen worden ist. Wir parkten am Fuß des Berges und machten eine kleine Wanderung, nicht zum Gipfel, sondern zum Granite Arc. Hier liegen überall riesige rundgewaschene Felsen herum, die groß sind wie Gartenhütten, durchzogen von einem riesigen System von Bachläufen und Flüssen.
In Tenterfield riet man uns den Mount Mckenzie Scenic Drive zu fahren. Eine 19km lange Schotterstrasse direkt durch uneingezäumtes Farmland. Das heißt, man cruised zwischen Kühen und Schafen umher. Wie der Serengeti Park, nur ohne fleischfressende Tiere. Muss ich an Land ja hier nicht auch noch haben.
Eine total andere Natur.
Wir wollten unbedingt in eine Vinery und Verkostung machen. Allerdings standen entweder keine Schilder da oder sie waren 2m hinter den Abfahrten postiert. Und dann runterbremsen und auf dem Highway umdrehen? Umgeben von rasenden Trucks (die doppelt so groß sind wie bei uns) und Pickups, lieber nicht.
Hier war jedenfalls noch alles sehr grün. Von Outback und unendlicher Weite noch lange nichts in Sicht. Also ging es weiter über Stanthorpe in den Westen. Unsere Überlegung war es nach Goondiwindi zu fahren, in der Hoffnung das es dort “rot” wird. Und so war es dann auch.
Goondiwindi ist eine Stadt am Rande des Outback´s. Ein zentraler Knotenpunkt für den Warenumschlag für das Outback, und die älteste Grenzstadt zwischen New South Wales und Queensland. Hier trennte früher eine einzige Brücke die beiden Bundesstaaten. Es erinnert ein wenig an ein riesiges bewohntes Industriegebiet durchzogen von Bottleshops und den üblichen Ketten. Hier wurden wir auf viele Produkte aus Baumwolle aufmerksam. Auf jedem Tresen wollte man etwas verkaufen. Warum? Das sollten wir noch sehen. Jedenfalls ein sehr trostloser Ort, mit einem kleinen Zollmuseum und das war es dann eigentlich auch. Eine Transitstadt am Rande des Outback´s.
Ich muss immer ein wenig schmunzeln, wenn mir Leute sagen, dass sie lieber nach Australien reisen, weil es nicht so amerikanisch ist. Diese Leute kann ich leider nicht ganz verstehen, da Australien eigentlich ein komplettes Abbild von Amerika ist (so habe ich Florida erlebt): Subways, Hungry Jack´s (= Burger King),Mc Donald´s, KFC, Target, Big W, Woolworth´s, K-Mart und viele mehr. Wenn Ihr mich hier oder in den USA mit verbundenen Augen aussetzen würdet, wüsste ich nicht wo ich bin. Nur am Slang der Aussies würde ich es erkennen, der hier hinten teilweise komplett unverständlich wird.
Whatever, das Wetter spielte uns gut in die Karten. An der Küste sollte es über Ostern regnen und im Outback bedeckter Himmel, was auch wirklich angenehmer war im Auto. Wir haben zwar eine Klimaanlage, jedoch steigt der Verbrauch dann auch gleich von 14l auf 18l an. Muss ja nicht sein und so ging es weiter bis nach St. George, um dann von dort nach Noosa Heads an die Küste zu fahren. Schließlich wollten wir einen weiteren der weltbekanntesten Longboard Surfspots sehen und natürlich surfen.
Aus Goondiwindi führte uns der Highway direkt durch das was ich gesucht habe. Nichts.
Rote Erde, Büsche, viele Kilometer lange kerzengerade Landstraßen, auf denen alle 50m ein Menschengroßes Känguru lag und sich sonnte … plattgerollt wie Plätzchenteig. Roadkill, Roadkill und nochmals Roadkill. Man kann sich gar nicht ausmalen, was hier nachts los sein muss bzw. bei Dämmerung. Man warnt davor in Australien um diese Uhrzeiten unterwegs zu sein auch mit Kuhfänger.
In St.George übertraf uns die Einöde von Goondiwindi um ein tausendfaches. Wir tankten die kleine Campercan wieder voll und kauften einen Kaffee in einer richtig abgefuckten Truckerkneipe. Wir machten hier einen Fehler und bestellten ein modisches fancy Heißgetränk. Den Flat White, ein Macchiato mit sehr wenig Milchschaum. Ein typischer Kaffee hier in OZ, aber nicht im Outback. Hier gibt es keine fancy Kaffee Kunst wie sonst überall an der Küste.
Wir bekamen eine riesige wundervolle warme Milch. Ein Känguru Junges hätte seinen Spaß damit gehabt … wir nicht so.
Kaffee ist hier ein Riesenthema. Überall Kaffee Plantagen, Röstereien und Coffeeshops. Und alle schmecken super lecker. Ich wünschte, wir hätten eine solche Kaffee Kunst in Germany. Nachteil jedoch, alles in Pappbechern und Plastikdeckeln.
In dieser Region im Outback wird Baumwolle angebaut – auf Gebieten so groß wie die Schweiz. Man fährt hier auf den Highways und die Straßenränder sind umsäht von unzähligen Cottonballs. Wirklich überall fliegen Baumwollknäuele rum. Das reicht locker, ums sich nen Pulli zu stricken, für den es jedoch zu warm wäre.
St.George sollte für uns dann aber auch die Westlichste Station sein, da wir wieder an die Küste wollten.
Wir entschieden uns nach Yarraman zu fahren und hier eine Nacht zu verbringen.
Die Vegetation auf dem Weg wurde wieder wesentlich grüner und hügeliger.
Auf dem Weg hatten wir leider eine Begegnung der unschönen Art. Das wünsche ich niemanden.
Uns folgte viele Kilometer lang ein Geländewagen mit 4 finsteren Typen. Irgendwann im nirgendwo setzten diese zu einem Überholmanöver an. Die vier Bogans (australisch für Hillbilliy´s oder Bauern) guckten uns schon etwas auf krawallgebürstet an beim Überholen. Das Fenster ging auf und sie warfen eine volle Dose Cola auf die Straße die wieder Hochsprang und an unserer Stoßstange zerschellte. Zum Glück erreichte diese nicht die Höhe der Windschutzscheibe. Was nun? Denen zeigen, wo der liebe Gott wohnt? Lieber nicht. Ich ging vom Gas und rollte langsam von ca. 110km/h auf 60km/h runter und lies sie von dannen ziehen (so hofften wir). Der nächste Ort war immerhin 60 Kilometer entfernt. Da war nichts in der Nähe, außer ab und an eine Abzweigung auf Schotterwege.
Dann die nette Stimme mit der Bitte in 200m links abzubiegen. Wir hörten auf die nette Dame und fanden uns nach weiteren 3 min. auch auf einer Schotterstraße wieder. Kein Quatsch, aber es war wie im Film. Jetzt rechnete ich jeden Moment damit, daß die 4 Vollspatzen mit Ihren Schrotflinten vor mir stehen.
Die Straße wurde also zur Gravelroad – Oh je nun wird es ein Feldweg – Oh sieh mal “Grids” – Guck mal Kühe – Sieh mal die Straße ist bestimmt nicht mehr für unseren 2WD geeignet. Der Weg führte uns über einen Bauernhof, der übersät von Schrott war. Alte Autos, Fässer und sonstige verrostete Gegenstände. Schilder mit Einschusslöchern gaben uns den Rest. Wir sprachen sehr bestimmt miteinander wer denn nun Schuld habe und einigten uns auf das Navi. Die blöde Stimme. Folgt bloß niemals euren Stimmen sage ich Euch. Da standen wir nun.
Der Weg so schmal das ich nicht einmal umdrehen konnte. Also rückwärts durch die Heide und gucken wo man drehen könnte. Die Stimmung erreichte den Höhepunkt da das Navi dann auch endlich nicht mehr wusste wo wir sind. Es war ein richtiges tolles Abenteuer, aus dem ich viel gelernt habe.
Niemals unbewaffnet durch den Busch zu fahren, und immer zu checken, das genug Benzin im Tank ist. Der wurde logischerweise auch knapp. Und so kurvten wir den ganzen Weg wieder zurück zu Hauptstrasse und unsere Gemüter beruhigten sich dann wieder.
Yarraman fanden wir jedenfalls total reizend. Wenn der Swell in Noosa nicht so nett ausgesehen hätte, wären wir bestimmt auch noch länger geblieben. Sehr ländlich, angenehmes Klima und viel Wald. Viele Rodeo Wettbewerbe waren hier in der Ecke über Ostern. Da der Wetterforecast für Queensland eher bescheiden angesagt war, war zum Glück nix los. Es schien, als ob alle zu Hause geblieben sind. Menschenleer und viel Natur. Yarraman beherbergte uns also nur für eine Nacht und dann knatterte unsere Wohnbüchse weiter nach Nosa Heads … so der Plan.
Ein Schildchen mit dem Namen Bundaberg ließ mich ein wenig aufzucken. Bundaberg … kommt da nicht der Rum her, den hier alle trinken? Lass uns da mal hin – sind ja nur noch 360 Kilometer. Gesagt getan. Hier stießen wir dann auch endlich auf alle Australier die verreist sind. Die sind nämlich alle nach Bundaberg gefahren. Das Hanstholm oder Thyboron der Pazifik Küste. Bundaberg ist trist. Wir sind im nach hinein belächelt worden als wir erzählten wo wir waren. So ist das nun mal, wenn man dem Namen des Alkohols folgt. Wir checkten auf einem Campground ein und erlebten unvergessliche Dinge.
Überall riesen Geländewagen, die größer sind als unsere Campercan und an denen noch größere offroad Caravans hängen. Die sind meistens sehr flach beim Transport und werden aufgeklappt, wenn man schlafen will oder sein Camp aufbaut. Aber Camp aufbauen trifft es eher. So ein Teil hat eine voll ausgefahrene Grundfläche von einem Handballfeld. Ich dachte, ich gucke nicht richtig auf dem Campground. Daniela verglich es mit einem Flüchtlingscamp. Wie treffend.
Die bauten ihre Oktoberfestzelte teilweise ineinander, da viel zu wenig Platz war für die riesen Dinger. Ein einzigartiges gelöt aus Nylonseilen, Zeltwänden und BBQ´s groß wie die auf dem Weihnachtsmarkt.
Nun hatten wir einen Bundaberg Kater und sind am nächsten morgen früh aufgebrochen, um zeitig in Noosa anzukommen.
See ya Outback, how´s it going ocean?
Was hier geschah folgt dann im nächsten Bericht
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